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Geothermie: Erdwärme für Potsdam
Ein erstes großes Projekt in Potsdam im Bereich der Geothermie ist die Entwicklung des Gebietes „Heinrich-Mann-Allee / Kolonie Daheim“. Dort soll ein innerstädtischer, attraktiver Wohnstandort mit Gewerbe- und Dienstleistungsanteil geschaffen werden. Durch die ProPotsdam GmbH werden dort 700 –750 Wohnungen bis zum Jahr 2025 errichtet.
Über mehrere Monate wurden an der Heinrich-Mann-Allee zwei Bohrlöcher im 24 Stunden Betrieb bis zu einer Tiefe von 2000 Metern gebohrt. Jetzt liegen die Ergebnisse vor. „Die Tiefengeothermie an der Heinrich-Mann-Allee geht weit über unsere Erwartungen hinaus“, sagt Christiane Preuß, kaufmännische Geschäftsführerin der EWP, zur Präsentation der Testergebnisse für die erste Tiefengeothermie Potsdams. „Die Anlage wird uns mehr als doppelt so viel Leistung bringen, als wir zu Beginn unseres Projektes erwartet hatten. Unser Mut zahlt sich aus“, so Preuß weiter.
Die Bohrarbeiten an der Heinrich-Mann-Allee wurden Mitte Juni abgeschlossen. Anschließend fanden Tests statt, bevor bereits mit dem Rückbau der Bohranlage und dem eigens für diese Arbeiten errichteten Bohrplatz begonnen wurde.
Eckard Veil, technischer Geschäftsführer der EWP, erläutert: „Die Tests haben uns die Daten geliefert, auf deren Basis wir nun die Leistungsfähigkeit der zukünftigen Anlage ermitteln konnten.“ Untersucht wurde dafür unter anderem, welche Temperatur das Thermalwasser aus der Tiefe hat, wie seine chemische Zusammensetzung ist und wie hoch die Durchströmbarkeit des Zielhorizontes ist.
Eckard Veil fasst zusammen: „Die Ergebnisse sind äußerst zufriedenstellend. Unsere Anlage wird deutlich über 4 Megawatt Leistung bringen. Um das ins Verhältnis zu setzen: im Dezember zum Bohrstart hatten wir gehofft, mit einer Leistung von 1,8 bis 2 Megawatt arbeiten zu können. Wir haben also mehr als doppelt so viel Leistung. Das bedeutet, wir können nicht nur das neue Quartier mit Wärme versorgen, sondern auch noch in das Potsdamer Wärmenetz einspeisen. Legen wir den durchschnittlichen Potsdamer Haushalt zugrunde, liefert allein diese Tiefengeothermieanlage die Wärme für bis zu 5.000 Haushalte.“
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Energie-Experten aus dem In- und Ausland sowie Politiker besuchen die Anlage für einen Erfahrungsaustausch.
Kurzgefragt – Energiewissen kompakt
Sendung vom 11.05.2023 mit Tristan Grüttner
Was genau ist Geothermie? Wie funktioniert es Wärme aus den Boden zu holen? Wie klimafreundlich ist Energie aus Erdwärme?
Klimaschutz ist eine der großen Aufgaben unserer Zeit und auch wir arbeiten weiter mit daran, Potsdam klimaneutral zu machen: Bis 2050 wollen wir die Emissionen durch Treibhausgase um 95 % reduzieren. Dafür wollen wir als nächstes eine grüne Wärmewende in unserer Region einläuten und dabei zu einem Vorreiter in Deutschland werden.
Geothermie ist eine der umweltfreundlichsten Arten, Energie zu erzeugen. Diese Wärme aus dem Erdinneren wird uns in Zukunft dabei helfen, die Bürgerinnen und Bürger in der Region zuverlässig und günstig mit Fernwärme zu versorgen und gleichzeitig weiter CO2-Emmissionen zu reduzieren.
Schon heute ist unsere Fernwärme besonders klimaschonend. Im Folgenden erklären wir, wie wir mit Geothermie die Energiewende in Potsdam noch weiter voranbringen.
Das Prinzip ist denkbar einfach: Mit zwei Bohrungen wird ein Thermalwasserkreislauf hergestellt. Die erste Bohrung ist die sogenannte Förderbohrung. Durch sie pumpen wir warmes Thermalwasser aus der Tiefe an die Erdoberfläche und leiten es über einen Wärmetauscher. Die so gewonnene Wärme speisen wir in unser Fernwärmenetz ein.
Während dieses Prozesses kühlt das Thermalwasser ab. Die zweite Bohrung ist die „Injektionsbohrung“. Durch sie „injizieren“ wir das abgekühlte Wasser zurück in die Schicht, aus der wir es entnommen haben. Dort erwärmt es sich wieder, es entsteht ein Kreislauf.
Wärme aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten bis 400 Meter Tiefe oder aus dem Grundwasser wird zum Heizen oder Kühlen verwendet.
Energie wird aus Erd- und Gesteinsschichten oder Wasserreservoirs ab 400 Metern Tiefe gewonnen.
Reservoire mit Thermalwässern werden zur Energiegewinnung angezapft.
Wasser wird durch heißes Tiefengestein ohne zirkulierendes Thermalwässer geleitet.
Im Betrieb stellt ein Erdwärmeheizwerk vergleichsweise wenig Ansprüche. Technisch anspruchsvoll ist aber die Bohrphase.
Der Bohrplatz für die beiden Bohrlöcher wird eine Größe von ca. 6.000 Quadratmeter inkl. Reserveflächen haben, der Bohrturm ist rund 33 Meter hoch. Nach dem Ende der Bohrungen wird der Turm wieder abgebaut, das Heizwerk selbst wird einen sehr viel geringeren Platzbedarf haben.
Der Antrieb des Bohrers ist elektrisch, zusätzlich errichten wir während der Bohrphase Schallschutzwände. Für jedes der beiden Bohrlöcher planen wir mit einer dreimonatigen Bohrphase, insgesamt soll die Bohrung inklusive Vor- und Nachbereitung bis Anfang 2023 abgeschlossen sein.
Die Bohrung erfolgt in einzelnen Sektionen, die Sektionen nahe der Oberfläche werden mit Stahlrohren ausgebaut und fest einzementiert. Wir rechnen damit, dass wir mit den beiden Bohrlöchern etwa 50 Jahre lang klimaneutral Fernwärme für Potsdam gewinnen können.
Vor der ersten Bohrung haben wir uns die Tiefe unter Potsdam noch einmal ganz genau angesehen – oder besser: angehört.
In welcher Tiefe genau wir auf Thermalwasser stoßen und mit welcher Temperatur wir rechnen können, wollten wir vor der Bohrung noch einmal ganz genau untersuchen. Dafür „lauschten“ wir in die Tiefe: Mithilfe der sogenannten Vibro-Seismik haben wir den Untergrund ähnlich wie mit einem Echolot untersucht.
Dazu haben wir entlang vorher festgelegter Linien auf Straßen und Wegen Schwingungen in die Tiefe gesendet. Die Schwingungen werden an Schichtgrenzen unter der Erde reflektiert und erzeugen so ein Echo. Spezielle Mikrofone entlang der Linien, sogenannte Geophone, zeichnen die Echos auf. So können wir sehen, in welchen Tiefen sich welche Schichten befinden.
Die Schwingungen für die Messungen kommen von speziellen Fahrzeugen, die im Konvoi die Linien abfahren. Der Konvoi besteht aus zwei Vibro-Fahrzeugen und zwei Pick-ups, die als Sicherungsfahrzeuge vorne und hinten fahren.
Etwa alle 40 Meter hält der Konvoi an, die Fahrzeuge setzen Schwingungsplatten auf den Untergrund und vibrieren bis zu sechs Mal für 16 Sekunden. In unmittelbarer Nähe der Fahrzeuge sind die Schwingungen zu spüren, Gefahr für anliegende Gebäude besteht aber nicht.
Beim Erschließen der Erdwärme haben wir die Unterstützung von international anerkannten Experten – von gleich nebenan.
Das Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum, kurz GFZ, ist das nationale Forschungszentrum für Geowissenschaften in Deutschland. Geowissenschaften haben in Potsdam eine lange Tradition: Schon im 19. Jahrhundert gab es auf dem Telegrafenberg eine Forschungseinrichtung mit weltweitem Renommee.
Auch heute gehört das GFZ zur Weltspitze der Geowissenschaften. In zahlreichen Geoenergieprojekten konnten die Experten des GFZ bereits Erfahrungen sammeln. Jetzt unterstützen sie uns beim Erschließen der Erdwärme unter Potsdam.
Das Ziel ist klar: Potsdam will bis 2050 Emissionen durch Treibhausgase um 95 Prozent reduzieren. Deshalb stellen wir heute schon die Weichen für eine noch klimaschonendere Wärmeversorgung der Zukunft.